Newsbeitrag zum Schweizer Stiftungsrecht – Gesetzesänderungen und Blick in die Zukunft

Newsbeitrag zum Schweizer Stiftungsrecht – Gesetzesänderungen und Blick in die Zukunft

31. Januar 2024

Die Schweiz gilt als einer der beliebtesten und traditionellsten Stiftungsstandorte weltweit. Ende 2022 wiesen die beinahe 14'000 inländischen Stiftungen ein Vermögen von knapp 140 Milliarden Schweizer Franken auf. Angesichts dieser hohen volkswirtschaftlichen Bedeutung der Stiftungen überrascht es nicht, dass das Stiftungswesen erneut im Fokus politischer Diskussionen steht und von zahlreichen Gesetzesänderungen tangiert wird.

Newsbeitrag zum Schweizer Stiftungsrecht – Gesetzesänderungen und Blick in die Zukunft

Die Schweiz gilt als einer der beliebtesten und traditionellsten Stiftungsstandorte weltweit. Ende 2022 wiesen die beinahe 14'000 inländischen Stiftungen ein Vermögen von knapp 140 Milliarden Schweizer Franken auf. Angesichts dieser hohen volkswirtschaftlichen Bedeutung der Stiftungen überrascht es nicht, dass das Stiftungswesen erneut im Fokus politischer Diskussionen steht und von zahlreichen Gesetzesänderungen tangiert wird.

Gesetzesänderungen

Das Stiftungsrecht hat bereits per 1. Januar 2023 infolge der Aktienrechtsrevision einige Anpassungen erfahren. Diese betrafen den Bereich der drohenden Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung sowie die Offenlegung von Vergütungen. Auch ein Jahr später sah man Potenzial, um die bereits vorteilhaften Rahmenbedingungen des Schweizer Stiftungswesens zu erweitern. Entsprechend traten die nachfolgend umrissenen Gesetzesänderungen per 1. Januar 2024 in Kraft:

Ausdehnung des Änderungsvorbehalts (Art. 86a ZGB)

Gemäss dem neuen Gesetzestext von Art. 86a Abs. 1 ZGB können sich Stiftende allfällige künftige Organisationsänderungen bereits in der Stiftungsurkunde vorbehalten. Das bisherige Recht hat lediglich einen Vorbehalt für Änderungen des Stiftungszwecks vorgesehen. Anpassungen in der Stiftungsorganisation waren bloss zulässig, sofern diese für den Erhalt des Stiftungsvermögens oder die Wahrung des Stiftungszwecks dringend erforderlich waren (vgl. Art. 85 ZGB). Diese Gesetzesänderung ermöglicht bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine flexible und gezielte Anpassung der Stiftungsorganisation an die sich verändernden Umstände.

Vereinfachte Änderung der Stiftungsurkunde (Art. 86b und 86c ZGB)

Ab dem 1. Januar 2024 kann die Aufsichtsbehörde nach Anhörung des obersten Stiftungsorgans unwesentliche Änderungen der Stiftungsurkunde vornehmen, sofern diese aus sachlichen Gründen als gerechtfertigt erscheinen und keine Rechte Dritter beeinträchtigt werden (Art. 86b ZGB). Bis Ende letzten Jahres waren die Voraussetzungen dafür strenger und es wurden "triftige" sachliche Gründe gefordert.

Der neue Art. 86c ZGB sieht überdies vereinfachend vor, dass Änderungen der Stiftungsurkunde nach den Art. 85 bis 86b ZGB von der zuständigen Bundes- oder Kantonsbehörde oder von der Aufsichtsbehörde verfügt werden können. Eine öffentliche Beurkundung der Änderungen ist entsprechend nicht erforderlich.

Gesetzlich geregelte Stiftungsaufsichtsbeschwerde (Art. 84 Abs. 3 ZGB)

Der Art. 84 Abs. 3 ZGB erhält neu einen abschliessenden Katalog von beschwerdeberechtigten Personen, die gegen rechts- oder statutenwidrige Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben können. Auch wenn diese Gesetzesänderung in der Lehre Anlass zu Kritik geben mag, klärt sie zumindest die Aktivlegitimation und ist damit im Sinne der Rechtssicherheit zu begrüssen.

Blick in die Zukunft

Ein Blick in die Zukunft lässt weitere Gesetzesänderungen im Bereich des Stiftungsrechts vermuten. Aktuell ist eine Motion von Thierry Burkart im Parlament pendent, welche die Aufhebung des Verbots von Familienunterhaltsstiftungen (Art. 335 ZGB) fordert. Nach derzeitigem Recht dürfen Familienstiftungen keine Ausschüttungen zu Unterhaltszwecken vornehmen, sondern nur in bestimmten Situationen (Erziehung, Ausstattung, Unterstützung oder ähnliche Zwecke) Leistungen erbringen.

Ein Revisionsbedarf besteht insofern, als dass es der Schweiz an einem Instrument fehlt, welches eine dosierte Weitergabe des Familienvermögens an die Nachkommen ermöglicht. Um zu verhindern, dass das Vermögen "auf einen Schlag" an die Erben übergeht, wird in der Praxis bisher tatsächlich auf angelsächsische Trusts oder ausländische (insbesondere liechtensteinische) Familienstiftungen ausgewichen. Diese ausländischen Institute werden vom Schweizer Recht denn auch weitgehend ohne inhaltliche Kontrolle anerkannt.

Bei einer Stärkung der Schweizer Familienstiftung und deren Ausdehnung auf Unterhaltszwecke, wäre ein solcher Rückgriff auf ausländische Instrumente nicht mehr nötig. Dies würde nicht bloss den Abfluss von Vermögen ins Ausland verringern, sondern gleichzeitig als Alternative zur Einführung eines Schweizer Trusts dienen, dessen ernüchternde Vernehmlassungsergebnisse keine Umsetzung erwarten lassen. Entsprechend hat der Ständerat die Motion von Thierry Burkart im Dezember 2023 entgegen dem Antrag des Bundesrats angenommen. Das Geschäft liegt nun beim Nationalrat.

Die obigen Ausführungen lassen erkennen, dass das Institut der Schweizer Stiftungen durch fortwährende Revisionen laufend gestärkt und an die Bedürfnisse der Praxis angepasst wird. Gerne stehen Ihnen unsere Notarinnen und Notare für sämtliche Fragen im Bereich des Stiftungsrechts oder für die Gründung einer Stiftung mittels öffentlicher Urkunde im Kanton Luzern oder der gesamten Schweiz beratend zur Seite.