Newsbeitrag zur neuen bundesgerichtlichen Rechtsprechung betreffend Baubewilligungsentscheide mit Auflagen

Newsbeitrag zur neuen bundesgerichtlichen Rechtsprechung betreffend Baubewilligungsentscheide mit Auflagen

9. Januar 2024

Gerade mit mehreren aufeinander folgenden Entscheiden hat das Bundesgericht eine neue Rechtsprechung entwickelt und gefestigt, mit welcher Baubewilligungsentscheide neu unter Umständen als Zwischenentscheide qualifiziert werden, und schafft damit neue Prozesshürden, wenn mit Auflagen gewisse Aspekte mit einem Beurteilungsspielraum in ein nachgelagertes Verfahren verwiesen werden. 

Newsbeitrag zur neuen bundesgerichtlichen Rechtsprechung betreffend Baubewilligungsentscheide mit Auflagen

Gerade mit mehreren aufeinander folgenden Entscheiden hat das Bundesgericht eine neue Rechtsprechung entwickelt und gefestigt, mit welcher Baubewilligungsentscheide neu unter Umständen als Zwischenentscheide qualifiziert werden, und schafft damit neue Prozesshürden, wenn mit Auflagen gewisse Aspekte mit einem Beurteilungsspielraum in ein nachgelagertes Verfahren verwiesen werden. 

Vor Bundesgericht können grundsätzlich Endentscheide angefochten werden. Es handelt sich dabei um verfahrensabschliessende Entscheide (Art. 90 Bundesgerichtsgesetz, BGG). Zwischenentscheide – also solche, welche das Verfahren noch nicht abschliessen – können nur unter bestimmten Ausnahmen bis ans Bundesgericht weitergezogen werden (Art. 93 Abs. 1 BGG). Mit dieser Regelung wurde eine effektive Zutrittsschranke zum Bundesgericht geschaffen, welche dessen Arbeitslast begrenzen soll.

Gemäss der im Kanton Luzern sowie in anderen Kantonen gelebten und von den kantonalen Rechtsmittelinstanzen geschützten Praxis konnten bisher untergeordnete Mängel eines Baugesuchs mittels Auflagen im Baubewilligungsentscheid behoben werden. Oft wurde daher bestimmt, dass der Umgebungsplan, das Farbkonzept, der Energienachweis und weitere untergeordnete bzw. technische Ausführungsdetails erst vor Baubeginn der Baubewilligungsbehörde zur Genehmigung eingereicht werden müssen. Dies hatte zweifellos den grossen Vorteil, dass die Bauherrschaft nicht bereits bei Einreichung des Baugesuchs auch alle untergeordneten Ausführungspunkte bis ins letzte Detail geplant haben musste. Die Kosten hierfür konnte sie sich bis zum Zeitpunkt aufsparen, in welchem sie Gewissheit hatte, das geplante Bauvorhaben auch wirklich realisieren zu können. Die Baubewilligungsbehörde ihrerseits konnte sich bei Erteilung der Baubewilligung den Aufwand sparen, jedes untergeordnete Detail bereits bei Erteilung der Baubewilligung abschliessend prüfen zu müssen. Den Einsprechern schliesslich ging nichts verlustig, da mit den Auflagen nur untergeordnete Punkte geregelt wurden, welche sie ohnehin kaum je betrafen. Gerade bei technischen Belegen wie dem Energienachweis oder der Baugrubensicherung kommt es ohnehin auf die Prüfung und Bestätigung durch Fachspezialisten und nicht auf die Einwände von Laien an.

In seiner früheren Rechtsprechung hat das Bundesgericht solche Auflagen lediglich auf die Einhaltung des Koordinationsgrundsatzes hin überprüft. In der mit dem Urteil 1C_203/2022 vom 12. April 2023 eingeleiteten Rechtsprechung prüft das Bundesgericht neuerdings, ob mit der Erteilung einer Baubewilligung unter Auflagen nicht eine "suspensiv bedingte Baubewilligung" vorliegt, womit diese als Zwischenentscheid zu qualifizieren wäre. Ist dies der Fall, tritt das Bundesgericht auf eine Beschwerde hiergegen nicht ein, da die restriktiven Voraussetzungen zwecks Beurteilung eines Zwischenentscheids durch das Bundesgericht in der Regel nicht erfüllt sein werden. Bei der Beurteilung, ob sich eine Baubewilligung mit Auflagen als Zwischenentscheid qualifiziert, lässt sich das Bundesgericht davon leiten, ob der Baubewilligungsbehörde bei der Beurteilung des in Frage stehenden untergeordneten Ausführungspunkts ein Ermessensspielraum zusteht oder nicht. Ist ersteres der Fall, so liegt nach höchstrichterlicher Beurteilung neuerdings ein Zwischenentscheid vor.

Auf dem Weg zur Realisierung von Bauprojekten hat die hier erläuterte Änderung der Rechtsprechung tiefgreifende Auswirkungen. Die Bauherrschaft muss nun bereits bei Einreichung eines Baugesuchs auch untergeordnete Ausführungspunkte abschliessend abhandeln und darstellen. Die Baubewilligungsbehörden ihrerseits sind gehalten, weitestgehend auf das bisher verbreitete und bewährte Mittel von Auflagen zu verzichten. Dabei stellen sich sowohl für die Bauherrschaft als auch für die Baubewilligungsbehörde die schwierige Abgrenzungsfrage, ob bei einem untergeordnetem Ausführungspunkt ein Beurteilungsspielraum bestehen könnte oder nicht.

Es mag sein, dass das Bundesgericht mit der angeführten Rechtsprechung ein probates Mittel gefunden hat, die Anzahl der von ihm zu bearbeitenden Fälle im Bereich von Baubewilligungsverfahren wirkungsvoll zu limitieren. Der hinlänglich bekannten und zu Recht viel beklagten Problematik überlanger Baubewilligungsverfahren wird damit jedoch nicht begegnet; im Gegenteil.

Gerne stehen Ihnen unsere Baurechtsexpertinnen und Baurechtsexperten mit ihrem Fachwissen zur Seite und beraten Sie eingehend vor und im Baubewilligungsverfahren.